STREET-FOTOGRAFIE: LEGAL UND ETHISCH VERTRETBAR?

Die Straßenfotografie hat in den letzten Jahren erheblich an Aufmerksamkeit gewonnen. Dieses Wachstum ist zweifellos durch den Zugang zu erschwinglichen Kameras und die Aufmerksamkeit in den sozialen Medien begünstigt worden. Da die meisten Menschen in Städten oder stadtnahen Gebieten leben, sind keine weiten Reisen erforderlich, um diesem Genre nachzugehen. Doch stellt sich die Frage: Ist dieses Genre auch legal und ethisch vertretbar? Dieser Beitrag beleuchtet einige Aspekte, ohne als Rechtsberatung zu dienen.

In Deutschland gibt es zahlreiche Rechtsfälle, in denen die Gerichte im Einzelfall über das Spannungsverhältnis zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem Kunstrecht entschieden haben. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat hierzu die so genannte Sphärentheorie entwickelt. Sie unterteilt die allgemeine Persönlichkeitssphäre in Sozial-, Privat- und Intimsphäre.

Die Sozialsphäre gilt als der öffentliche Raum, in dem die Anforderungen an den Schutz des Persönlichkeitsrechts am geringsten sind. Wer sich bewusst in der Sozialsphäre bewegt - etwa bei einem Bühnenauftritt, der Teilnahme an einer Demonstration oder einer öffentlichen Rede - muss laut BVerfG damit rechnen, dass sein Verhalten für jedermann sichtbar ist.

Ein erhöhtes Schutzniveau gilt für die Privatsphäre. Diese umfasst das Privatleben und den häuslichen bzw. familiären Lebensbereich, den man in der Regel vor Dritten verborgen hält. Die Privatsphäre kann auch im öffentlichen Raum wirken, wenn man sich bewusst der Öffentlichkeit entzieht, z.B. im hinteren Teil eines Restaurants. Eine Verletzung der Privatsphäre im öffentlichen Raum führt jedoch nicht automatisch zu einer Rechtswidrigkeit. Erst wenn ein besonderes Informationsbedürfnis des Adressaten besteht, kann eine Abwägung mit anderen verletzten Grundrechten erfolgen.

Am stärksten geschützt ist die Intimsphäre. Darunter fallen alle Informationen, die unmittelbar mit der Würde des Menschen zusammenhängen, wie z.B. die innersten Gefühle und Gedanken. Die Veröffentlichung von Gesundheits- oder Finanzinformationen kann einen Eingriff in die Intimsphäre darstellen.

Im Jahr 2018 hat sich das Bundesverfassungsgericht erneut mit der Thematik befasst und entschieden, dass die Straßenfotografie eine zulässige Kunstform ist, bei der es um die realitätsgetreue Darstellung von Ausschnitten des täglichen Lebens geht. Das Passieren einer stark befahrenen Straße ist beispielsweise ein alltäglicher Vorgang. Das Recht am eigenen Bild bleibt daher von der jeweiligen Lebenssituation abhängig. Im Einzelfall bleibt es bei der Einteilung in die drei Sphären. Trotzdem kann das in anderen Ländern komplett anders aussehen. Während die Gesetze in den USA hier sehr locker sind, gelten an Orten wie den Arabischen Emiraten sehr strenge Vorschriften.

Ethisch betrachtet ist das Thema schwieriger, da es keine klare Richtlinie gibt, die über richtig und falsch entscheidet. Werden Gesichter dargestellt, so sollten sie nach meiner Ansicht nur genutzt werden, um die Szene darzustellen, keineswegs um im Mittelpunkt zu stehen. Ist eine Person das Hauptmotiv so sollte darauf geachtet werden, dass nicht das gesamte Gesicht zusehen ist. Trotzdem kommt es auch vor, dass die Identität den Bildern gut zu Gesicht steht. Es gibt auch Tabus, die keineswegs fotografiert oder gefilmt werden sollten. Dazu gehören Obdachlose, Menschen mit offensichtlicher Beeinträchtigung. Auch die Identität von Kindern sollte nie den Mittelpunkt der Szene darstellen.

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